Risiken der Einfuhr von Ameisen

Mit der Ausweitung des globalen Handels und Verkehrs sowie des Tourismus ist das Risiko der Verschleppung von Tier- und Pflanzenarten, Pilzen und Mikroorganismen, enorm gestiegen. Außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebiets können eingeschleppte Arten bedeutenden Einfluss auf Gesellschaft und Umwelt haben, z. B. Pflanzen massiv schädigen, andere Arten verdrängen oder Krankheiten übertragen. Das Schadpotenzial dieser Arten ist auf neu besiedelten Flächen aufgrund des Fehlens natürlicher Feinde oft höher als in der ursprünglichen Heimat. Der Einfluss auf die regionale Biodiversität kann sehr groß sein. Weltweit bereiten von durch Menschen neu eingeführte Tier- und auch Pflanzenarten vielfältige Probleme. Sie bewirken zum Teil erhebliche wirtschaftliche Verluste. Nach Schätzungen verursacht beispielsweise in den USA die dort eingewanderte Rote Feuerameise jährlich Schäden von etwa 600 Millionen Dollar, u. a. durch Bekämpfungsprogramme, Ernteeinbußen in der Landwirtschaft und Schäden in elektrischen Anlagen. Die Bisse sind äußerst schmerzhaft und können zu allergischen Reaktionen bis hin zu Todesfolgen führen. Ein internationales Wissenschaftlerteam hat im Rahmen des Projektes DAISIE (Delivering Alien Invasive Species Inventory for Europe) ermittelt, dass heute bereits mehr als 11.000 nichteinheimische Arten in Europa leben. Man geht heute davon aus, dass etwa 15 Prozent der eingeschleppten Arten in ihrer neuen Heimat ökonomische Folgen haben. Für etwa dieselbe Prozentzahl ist bekannt, dass die biologische Vielfalt beeinträchtigt ist. EU-Richtlinien zur Überwachung und Eindämmung sollen die Gefahr der Einschleppung und Verbreitung regeln. Diese betreffen aber nur Organismen, für die bei Einschleppung eine potenzielle ökonomische und ökologische Bedeutung angenommen wird, diese gelten als Quarantäneschädling.

Problematisch ist aber, dass die Wirkung eingeschleppter und invasiver Arten generell sehr schwer zu bewerten ist bzw. erst spät erkannt wird. Der Komplex der möglichen Einflussfaktoren (Klima, Konkurrenten, Feinde, Parasiten) ist riesig. Dazu ist die Entdeckung eingeschleppter Arten überhaupt problematisch, weil viele der Eindringlinge winzig sind oder nur durch Spezialisten von einheimischen Arten unterschieden werden können. Damit ist die Möglichkeit der Bekämpfung kaum gegeben.

Leider regelt die aktuelle Gesetzgebung in Deutschland Handel und Haltung exotischer Tiere aus Sicht vieler Ökologen, Biologen und im Naturschutz tätigen nicht ausreichend. Das bekannte Wissen um die Gefahren, die von den "Aliens" ausgehen, müsste auf die Regulierung von Handel und Haltung nichteinheimischer Arten inzwischen wesentlich intensiver zurück wirken. Das betrifft im Besonderen auch Ameisen, die durch ihre soziale Lebensweise als ökologisch äußerst durchsetzungsstark gelten. Die Deutsche Ameisenschutzwarte e.V. (DASW) steht deshalb den aktuell großzügigen Möglichkeiten, nichtheimische Ameisen zu handeln und zu halten sehr kritisch und warnend gegenüber. Intensive Bemühungen des Wissenschaftlichen Beirats der DASW gesetzliche Einschränkungen zu erreichen, waren bisher aber leider nicht erfolgreich.

Jeder Händler und Halter muss sich mit der ausgesprochen großen Gefahr auseinandersetzen, die von nichtheimischen Ameisenarten ausgehen kann. Gerade Ameisen, die, auch auf Grund ihrer sozialen Lebensweise, in der Regel sehr anpassungsfähig sind, können sich beim Fehlen natürlicher Feinde schnell etablieren und sind dann kaum noch zu kontrollieren. In den betroffenen Ökosystemen können kaum abzuschätzende Kettenreaktionen hervorgerufen werden. Das wäre z. B. die Verdrängung heimischer Ameisenarten auf Grund einer überlegenen Strategie der Verteidigung oder Lebensraumnutzung. Damit verbunden ist die Beeinflussung bestehender Symbiosen, z. B. zwischen Ameisen und Blattläusen. Neue Krankheitserreger wie Fadenwürmer, Pilze, Viren oder Bakterien könnten eingeschleppt werden, denen einheimische Arten nicht gewappnet sind.

Ein Beispiel für die schnelle Ausbreitung einer eingeschleppten Ameisenart ist die Invasive Gartenameise, Lasius neglectus. Ursprünglich in Osteuropa beheimatet, ist die Art inzwischen auch in Deutschland etabliert. In den neuen Verbreitungsgebieten zeigt sie ein hohes Durchsetzungsvermögen gegenüber den heimischen Ameisenarten. Die Artenvielfalt im Umfeld der Kolonien sinkt durch den hohen Verbrauch an Nahrungsressourcen. Schäden entstehen in Obstgärten auch durch die exzessive Blattlauszucht. Im Honigtau siedeln sich Rußtau-Pilze an, der schwarze Belag behindert die Fotosynthese der Pflanzen und beeinflusst Aussehen und Geschmack des Obstes. Die Art besiedelt auch elektrische Anlagen, was zu Kurzschlüssen führen kann. Aus Verantwortung gegenüber der Umwelt, der heimischen Tier- und Pflanzenarten und auch der Gesundheit des Menschen, muss jeder den Umgang mit "Aliens" sehr kritisch überdenken. Angebote, nichtheimische Ameisen zu kaufen und zu halten, dürfen daher vor dem Hintergrund der bestehenden Gefahren, bisher nicht zu überschauende ökologische Konsequenzen, nicht bedenkenlos angenommen werden. Spezielle Fragen zum Thema beantworten sowohl die Mitglieder des Wissenschaftlichen Beirats der DASW als auch die unter den angegebenen E-Mail Adressen erreichbaren Mitglieder der DASW.


E-Mail: rene.schulze@frsws.forst.tu-dresden.de oder Schoen-Kassel@arcor.de

Präsidium der DASW